Die Entwicklung im Quartär

An der Wende vom Pliozän zum Pleistozän veränderte sich das Klima signifikant: Nach der sehr langen Phase warmen Klimas während der Kreide und im Tertiär prägten im Quartär Kaltzeiten den Charakter der Landschaft. Der Bayerische Wald lag im Periglazialgebiet, die Hochlagen waren vergletschert. Die Mächtigkeit des Gletschereises in der letzten Kaltzeit dürfte auf 1050 m Höhe etwa 125 m betragen haben. Kare bzw. Karseen, Blockmoränen und Talmoränen sind Teil dieser glazialen Formengemeinschaft.

Die Karte vermittelt einen Eindruck vom ungefähren Ausmaß der würmeiszeitlichen Vereisung der Hochlagen des Bayerischen Waldes, weist aber nur die Höhenlagen über 1 060 m aus, was dem Maximalstadium der Vereisung im Hochwürm entspricht. Die reliefbedingten klimatischen Besonderheiten sind dabei nicht berücksichtigt.

Die exakten Ausmaße der Vereisung der Hochlagen des Bayerischen Waldes sind in der Kartenbeilage zu HAUNER et al. (46) dargestellt.

ERGENZINGER (15) unterscheidet drei würmeiszeitliche Stadien: "Das Maximalstadium, das Blockmoränenstadium und das Karmoränenstadium. Die Schneegrenzen [Höhengrenze, oberhalb derer der Schnee liegen bleibt] der Stadien betrugen etwa 1.060, 1.140 und 1.230 m." Die Gletscher erreichten im Hochwürm vor 40.000 Jahren Längen von bis zu 2 km. Der ältere rißzeitliche [?] Gletscher im Reschwassertal erstreckte sich über 7 km.

Der Granitblock am Reschwasser weist die typischen Merkmale eines Gletscherschliffes auf und ist ein Beweis für die eiszeitliche Vergletscherung des Bayerischen Waldes.

Die von ERGENZINGER 1967 angenommenen eiszeitlichen Formen am Schimmelbach (732 m) und in Lackenhäuser (690 m) sind nach heutigem Stand der Forschung nicht mehr haltbar. Bei der einen handelt es sich um Formen eines mäandrierenden Bachlaufs, bei der anderen um einen fluviatil herauspräparierten Saprolithen.

Vgl. dazu die Ausführungen in HAUNER/LEHRBERGER/BRUGGER (S. 127) (46).

Moränen als Zeugen der eiszeitlichen Vergletscherung

Schematische Bildung eines Karsees  © public domain
Schematische Bildung eines Karsees

Die morphologisch weitaus auffälligeren Karseen, der Rachelsee und der Plöckensteiner See, liegen auf Höhen von 1070 m bzw. 1090 m bei einer eiszeitlichen Schneegrenze von 1230 m an nach Osten oder Südosten exponierten Hängen. Ihre Entstehung datiert in eine spätere Phase der Würmeiszeit. Talabwärts werden beide Karseen durch blockreiche Endmoränen mit Wällen von stellenweise über 20 m Höhe abgeschlossen. Im Unterschied zur schematischen Darstellung weist der Rachelsee eine zweigeteile Karbodenwanne auf: Ein Karwandbecken nahe der Karwand wird durch eine Karschwelle vom eigentlichen Zungenbecken getrennt, so dass ein Kar-Endmoränensee entsteht. Der Plöckensteiner See "ist kein Karsee im strengen Sinne, da man nirgends im See auf anstehenden Fels gestoßen ist. Es ist ein durch Rückzugsmoränen aufgestauter Zungenbeckensee, ein Abdämmungssee." LINHARD, in PRAXL, S. 20 (16) Ein ausgedehntes Moränensystem umgibt den See. "Der Gletscher muss eine Fläche von 1,5 km² eingenommen haben" ( LINHARD ebda. S. 23) und hat eine gewaltige Menge von Felsblöcken bewegt.

"Wollsäcke" bilden auf dem Dreisessel bizarre Felsentürme
"Wollsäcke" bilden auf dem Dreisessel bizarre Felsentürme

Die durch die intensive chemische Tiefenverwitterung im Tertiär vorbereiteten Gesteine erfuhren in den Eiszeiten die Herausmodellierung zu Granittürmen, Felsenburgen und Blockmeeren.  In Lagen über 800 m gibt es Areale verfestigter Fließerde. Dabei handelt es sich um eiszeitlichen Firneisgrundschutt. Durch den Wechsel von Gefrieren und Auftauen lagerten sich Fließerden und Wanderschuttdecken ab, exponierte Bergrücken wurden freigelegt, an denen die Frostverwitterung ansetzen konnte. Eine typische Verwitterungsform im Granit sind die an den Kanten gerundeten "Wollsäcke". Durch Solifluktion breitete sich vor allem an südexponierten Hängen Blockschutt aus.

Im Holozän (Nacheiszeit) seit 10.000 Jahren stiegen die Temperaturen wieder an, so dass der Permafrostboden auftaute und die Vegetation wieder zurückkehrte. In den Hochlagen des Bayerischen Waldes entstanden Hochmoore (Filze). Hangschuttablagerungen und Schwemmfächer in den Tälern sind typische holozäne Bildungen. Das noch junge nacheiszeitliche Relief zeigt sich auch in den steilen Talstrecken mit Bach- und Flussschnellen in den Höhenlagen über 1.000 m. 

Verfestigte Fließerde am Geißfleck
Verfestigte Fließerde am Geißfleck

Verfestigte Fließerde, von G. PRIEHÄUSSER als Firneisgrundschutt gedeutet, findet sich auf Höhen von über 800 m. "In einer sandig-grusigen Masse sind zahlreiche Steine und Blöcke eingelagert; die Bodenart der Grundmasse ist schwach lehmiger Sand und Grus. [...] Die Grundmasse ist zementartig verfestigt." (OTT 8, S. 42) Die Abbildung zeigt ein Vorkommen am Geißfleck in einer Höhenlage von 1.000 m.

Im Finsterauer Filz
Im Finsterauer Filz

Hochmoore - Filze - bilden sich in größeren Höhen, wobei diese Kammlagenmoore auf das nährstoffarme Niederschlagswasser angewiesen sind. Die Vegetation ist an die extremen Bedingungen angepasst. Seit der letzten Eiszeit haben sich Torflager von mehreren Metern Mächtigkeit gebildet, die bei Haidmühle sogar abgebaut wurden. Zu den Pflanzengesellschaften der Filze empfehlenswert die Artikel von LINHARD (26), S. 26 ff.