Die Entwicklung im Mesozoikum und Tertiär

Die Varisziden sind Teil eines globalen Gebirgsbildungszusammenhangs: Die Varisziden in Europa, die Appalachen und das Ouachitagebirge in Nordamerika und die wieder aktivierten Mauretaniden in Nordafrika gehören dazu. Die vertikale Dimension des variskischen Gebirges wurde mit dem heutigen Himalaya verglichen. Solche Höhen legen die über den heute frei liegenden Intrusivkörpern abgetragenen Gesteine nahe. Nach einer Schautafel im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald sollen Berge im heutigen Rachelgebiet Höhen bis zu 6200 m erreicht haben. Endogene Kräfte deformierten den Gebirgskörper, Abkühlungs- und wiederholte Aufschmelzvorgänge führten zur Konsolidierung des Gebirgsrumpfes. Auch dieses hohe Gebirge wurde im Perm durch Abtragung eingerumpft und verschwand als orographische Erscheinung. An den Rändern der Böhmischen Masse finden sich permische und mesozoische Sedimente der "Böhmischen Insel". Im tropisch warmen Klima der Kreidezeit zersetzten sich die Granite und Gneise des Grundgebirges zu kaolinithaltigem Sand.

Geotektonik des Alpenraums im Campan (75 Ma) Eingezeichnet die "Böhmische Insel"
Geotektonik des Alpenraums im Campan (75 Ma) Eingezeichnet die "Böhmische Insel"

Im Zuge der alpidischen Gebirgsbildung geriet der eingeebnete und starre Gebirgsrumpf wieder unter starken Druck: Durch die Bewegung der nach Norden driftenden afrikanischen Platte wurde auch die Böhmische Masse in einzelne, gegen-einander horizontal und vertikal versetzte Schollen zerbrochen.

Flächenbildung seit dem Oberen Jura und im Tertiär

Nach der Heraushebung der Böhmischen Insel seit dem Mesozoikum kam es im warmen Klima zur Flächenbildung, deren Ergebnis eine Rumpfflächentreppe ist, die in mehreren Stockwerken vom Grenzkamm bis zur Donau abfällt. Reste einer bereits im oberen Jura angelegten Rumpffläche A1 bilden heute die Verebnungsflächen im Rachel-Lusen-Gebiet. In diese Rumpffläche griff die Erosion eines neuen, tiefer liegenden kretazischen Niveaus ein und führte zur Rumpffläche A 2. Dieser Vorgang wiederholte sich im Paläogen mit der Ausbildung der Rumpfflächen A 3 und A 4 und der oligozänen Basisrumpffläche O, die heute die Höhen zwischen 700 und 800 m einnimmt. Im Neogen erfolgte dann die Herausbildung einer miozänen (M) und einer pliozänen Fläche (P) (24). Die Flächenbildung vollzieht sich weitgehend unabhängig vom geologischen Untergrund und greift gleichermaßen über Gneise oder Granite hinweg.     

(Darstellung in Anlehnung an EITEL (44))

Die Verebnung der Gipfelregion des Plöckenstein-Massivs - Zeugnis einer alten Rumpffläche - ist von Süden aus besonders gut zu sehen. Hochkamm (1341 m), Bayerischer Plöckenstein (1363 m) und Österreichischer Plöckenstein (1379 m) bilden eine Hochfläche, die einer mesozoischen Altfläche zugeordnet werden kann. "Im Hinteren Wald, dem Böhmerwald, werden häufig Meereshöhen über 1000 m erreicht. Über längere Distanz durchlaufende, manchmal breite Kammlagen, etwa zwischen dem österreichischen Plöckenstein und dem Dreisessel in ca. 1300 m NN, [...] sind in der Tat leicht als Rumpfflächenreste zu interpretieren." SEMMEL (45)

Die Verebnung der Gipfelregion des Plöckenstein-Massivs ist Relikt einer mesozoischen Altfläche.
Die Verebnung der Gipfelregion des Plöckenstein-Massivs ist Relikt einer mesozoischen Altfläche.

Im Tertiär führte das subtropisch warme Klima zu einer tiefgründigen chemischen Verwitterung, die flachgewellte Rumpfflächen entstehen ließ, auf denen der Zersatz der kristallinen Gesteine abgelagert wurde. Nördlich von Passau bei Patriching und Zieglreuth, nordöstlich von Tittling bei Eppendorf und zwischen Prag und Ernsting bei Waldkirchen gibt es Auflagerungen tertiärer Sedimente. Nach LOUIS (25)  ist es der "Nordsaum einer jungtertiären fluvialen Alpenvorland-Aufschüttungsebene". Beim Eppendorfer Tertiärvorkommen handelt es sich um eine Goldseife, wo früher tatsächlich Gold gewaschen wurde. Kretazische und tertiäre Sedimente müssen größere Areale bedeckt haben, auf denen sich ein konsequent angelegtes Flusssystem ausbildete. Schon im Pliozän und verstärkt im Pleistozän setzte aber eine starke Zertalung ein. Nach der Erosion der weichen Deckschichten schnitten sich die Flüsse unter Beibehaltung des schon ausgebildeten Laufes von oben her in die Rumpfflächen des Grundgebirges ein, so dass tiefe Durchbruchstäler enstanden. Die Donau, deren Tal im Pliozän zwischen Hengersberg und Passau noch nördlich des heutigen Flusses verlief, tiefte sich im Pleistozän unterhalb von Pleinting in das Grundgebirge ein. Auffallend ist auch, dass die Flüsse die Pfahlsenke ohne Ablenkung queren. Offensichtlich war das Flussnetz bereits vor der Ausräumung der Pfahlzone ausgebildet. Der Regen und die Michel/Große Mühl folgen allerdings der Pfahlsenke. Der Fall einer Flussanzapfung dürfte an der Erlau vorliegen, die vor dem Ernstinger Berg (bei Waldkirchen) und bei der Kothmühle (Denkhof) zweimal ihre Laufrichtung von der westlichen Richtung abrupt nach Süden ändert. Auffällig ist auch das asymmetrische Gewässernetz der Erlau, deren Zuflüsse überwiegend aus östlichen Richtungen kommen. Der nördlich in etwa parallel zur Erlau fließende Osterbach behält dagegen seine Richtung bei und mündet bei Fürsteneck in die Wolfsteiner Ohe und dann in die Ilz.

Karte Gewässernetz